Sonntag, 29. April 1984 Ich bin kurz davor durchzudrehen. Nachts raubt mir der alte „Assi Blaschi“ mit seinem Geschnarche den Schlaf. Tagsüber nervt er mit Kreuzworträtseln.
Freitag, 27. April 1984 25 Tage bis zur Halbzeit. 112 Tage habe ich hinter mir. Noch 162 von 274 vor mir. Ab Dienstag, 22. Mai werden es weniger sein, als ich bis dahin hinter mir habe. Doch was dann?
Mittwoch, 25. April 1984 Was wäre aus mir geworden, wenn die Zone ein freies Land wäre und es keinen Grund gäbe in ein noch freieres abzuhauen?
Ostermontag, 23. April 1984 „Einen habe ich noch“, ergänzt „Assi Blaschi“ sein blasphemisches „Urbi et orbi“ von gestern: „Jetzt können wir nur noch ficken“.
Ostersonntag, 22. April 1984 „Actio est Reactio“ – ob ich ich weiß, was das bedeutet, macht „Assi Blaschi“ einen auf Physiklehrer. Was die „lex tertia“ von Isaac Newton mit Hitler zu tun hat, gebe ich den Klugscheißer.
Karfreitag, 20. April 1984 Nach seinem bedrückenden Vortrag wollte ich meinen „Privatlehrer“ gestern fragen, warum es so viele Menschen in der Zone gibt, die morgen (also heute) weniger an Jesus als an Hitlers Geburtstag denken.
Dienstag, 17. April 1984 Mit seiner Frage nach meiner Lehre hat mich „Assi Blaschi“ zunächst angenehm überrascht. Dann erzählte er eine krasse Story, die mir schwer zu schaffen macht.
Sonntag, 15. April 1984 Seit 100 Tagen „interniert“. Noch 174 vor mir. Endlich interessiert sich „Assi Blaschi“ auch mal für mich. Was ich in meiner Lehre konkret gemacht habe, will er wissen.
Freitag, 13. April 1984 Heute Abend vor 98 Tagen bin ich verhaftet worden. Weil ich einen Zettel schrieb und eine Person genau das tat, was ich wollte. Doch bevor ich sie beschreibe, denke ich zuerst an die besseren Seelen von Gahlkow.
Mittwoch, 11. April 1984 Der lange Brief von Antje schwirrt mir immer noch im Kopf herum. Vor über drei Monaten habe ich mich aus ihrer Welt verabschiedet, in der ich 492 Tage und Nächte gerne gelebt, viel gelernt und gutes Geld verdient habe.