Montag, 16. Januar 1984

Rums-rums, rassel-rassel, schließ-schließ. „Herr Wachtmeister, Verwahrraum sowieso …“, weiter komme ich nicht. Die Fistelstimme lässt etwas fallen. Anständig, wie ich bin, bücke ich mich, um es aufzuheben.

Zisch, klatsch, ächz – ein krasser Schmerz im Genick. Ich gehe in die Knie und schiele ratlos nach oben. Die Fistelstimme steckt ihren Gummiknüppel ein und schaut mich finster an. Die Moral von der Geschicht’ – beweg Dich niemals bei der Meldung nicht.

Anschließend geht es zur Arbeit. Ein fensterloser Werkraum in der Größe eines kleinen Klassenzimmers. Ein paar Tische und Stühle. In den Ecken viele hüfthohe Papiersäcke, die mit irgendwas gefüllt sind. Auf den Tischen ein paar Kisten. Wir werden eingeschlossen.

Die Jungs erklären mir, was zu tun ist: Kleine Teile aus Bakelit den vollen Säcken entnehmen. In eine Kiste greifen und kleine Metallstifte herausfingern. In die anderen Kisten greifen und eine Handvoll Schräubchen, Unterlegscheibchen und Mütterchen grabschen.

Die Stifte zwischen zwei Bakelitteilchen legen und zusammenschrauben. Fertig ist ein Netzstecker. Das Ganze mit System, damit ich bis Feierabend mindestens einen leeren Sack mit vielen Hundert Stück vollbekomme.

Nebenbei erfahre ich, dass die Fistelstimme „Babyface“ genannt wird und eigentlich ganz in Ordnung ist. Der Schlag war nur Spaß. Hätten sie geahnt, dass ich darauf reinfallen würde, hätten sie mich gewarnt. Beim nächsten Mal einfach stehenbleiben, Meldung runterrasseln und auf Anweisungen warten.

Der Tag zieht sich. Zwischendurch eine Stunde Hofgang. Sonst stundenlanges Steckergeklapper, grobe Männerwitze und vorsichtige Abtastgespräche. Das wird eine verdammt lange Woche werden. Nur Einzelhaft dauert noch länger. 𝓕𝓸𝓻𝓽𝓼𝓮𝓽𝔃𝓾𝓷𝓰 𝓯𝓸𝓵𝓰𝓽… 

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Matomo