Eine „Backmischung mit fünf Buchstaben“, nervt „Blaschi“ schon wieder. Meist habe ich eine Antwort. Doch diesmal fällt mir echt nichts ein. „Das. Musst. Du. Wissen!“, bohrt er nach.
„Kathi“, brummt er enttäuscht. Warum ich das wissen soll, wenn ich zuletzt höchstens Sandkuchen im Sandkasten gebacken habe, grummele ich beleidigt. Weil das Zeug aus Halle kommt! Na und?
Nix na und! „Kathi“ war ein Familienbetrieb, der in den 50er Jahren von Kaethe und Kurt Thiele gegründet wurde. Die Firma war mit ihren Suppen, Saucen und Mehlen so erfolgreich, dass der Staat sie sich Stück für Stück unter den Nagel gerissen hat.
1972 wurden die Eigentümer brutal enteignet. Dabei soll der Gründer einen Hörsturz erlitten haben. Angeblich arbeitet er oder sein Sohn als Pförtner in seinem eigenen Betrieb und hofft auf das Ende der Zone.
Das hält „Blaschi“ zwar für ein Gerücht. Aber irgendeinen sinnlosen Job werden die enteigneten Eigentümer wohl machen – sehr wahrscheinlich sogar im „VEB Backmehlwerk Halle“, dem „Kathi“ nun gehört.
Thiele war schlau genug, sich die Markenrechte patentieren zu lassen, weshalb die Backmischung bis heute „Kathi“ heißt und das Logo immer noch auf den Verpackungen zu sehen ist, die in keinem Konsum, keiner Kaufhalle und in keiner Küche fehlen.
Das ist, was mir an „Assi Blaschi“ wirklich gut gefällt (siehe Sonntag, 18. März). Er kennt sich mit Dingen aus, von denen ich noch nie gehört habe. Ihm geht die Geschichte so nahe, weil er sein Handwerk ähnlich verloren hat.
Als fahrender Scherenschleifer ist er viel herumgekommen, hat mit unzähligen Leuten in kleinen Städten und großen Dörfern gesprochen und so manchen Kaffee von einsamen Witwen serviert bekommen, während er ihre Küchenmesser, Scheren und sonstwas schärfte.
Eines Jahres kamen die verdammten Bonzen und schickten ihn in die „Produktion“, wo er Hilfsarbeiten machen musste, die würdelos waren. Das würde ich erst verstehen, wenn ich gelernt habe, was selbstständige Arbeit wirklich bedeutet.
Ob ich weiß, was der Hammer, Zirkel und Ährenkranz in der DDR-Fahne bedeuten, beendet er sein säuerliches Referat. Ja, weiß ich:
Schwarz war unsere Vergangenheit, bis die Roten kamen und uns goldene Zeiten versprachen. Jetzt müssen wir zirkulieren, damit wir nicht unter den Hammer kommen und unsere Ehre verlieren.
„Blaschi“ ist sprachlos und zieht sich geschlagen in sein Kreuzworträtsel zurück, während ich mich mit „Er hat ein‘ KNALL…rotes Gummiboot / Mit diesem Gummiboot fahr’n wir hinaus / Er hat ein knallrotes Gummiboot / Und erst im Abendrot …“ von Wenke Myhre für seinen wirklich interessanten Klugschiss revanchiere. 𝓕𝓸𝓻𝓽𝓼𝓮𝓽𝔃𝓾𝓷𝓰 𝓯𝓸𝓵𝓰𝓽 …