Dienstag, 3. April 1984

„Leipziger Regenhaube mit vier Buchstaben“, geht mir„Assi Blaschi“ schon wieder auf die Nerven. „Keine Ahnung“, knurre ich ihn grimmig an.

„Dacht‘ ich mir“, triumphiert er mit diebischer Freude, während er „Sika“ in sein Kreuzworträtsel buchstabiert.

Noch so eine Firma, die 1972 brutal enteignet wurde (siehe Donnerstag, 29. März). 1919 in Leipzig gegründet. Im zweiten Weltkrieg zerstört und 1946 wieder aufgebaut.

Weil der Gründer in den Westen abgehauen ist, übernahmen ein Herr Kaps und eine geborene Simon die Sika Werke, die unter anderem Plastikfolien und Haushaltwaren wie zum Beispiel die beliebten Regenhauben produziert.

Nachdem in der ersten Enteignungswelle 1946 „nur“ die ganz großen Unternehmen verstaatlicht wurden, kamen in den 1950er Jahren die Betriebe an die Reihe, die mehr als 500 Beschäftigte hatten.

1972 mussten schließlich alle mit mehr als zehn Angestellten daran glauben. Weitermachen dürfen nur kleinste Gewerbe und Handwerker mit weniger als zehn. Die müssen jedoch bis zu 98 Prozent – in Worten achtundneunzig (!) – Steuern zahlen, wenn sie mehr als 400.000 Mark und weniger als eine halbe Million erwirtschaften.

Zwar sind die Abgaben auf den ersten Blick moderat gestaffelt, weshalb es scheinbar nur die besonders ehrgeizigen „Privaten“ trifft. Aber genau da liegt der Hund begraben: Je erfolgreicher, desto geringer der Anteil vom eigenen Kuchen. Da bleibt wenig Spielraum für neue Werkzeuge oder Maschinen.

Wenn dann noch regelmäßig die Steuerprüfung ins Haus kommt und nach Haaren in der Suppe sucht, wird’s haarig. Dann sind die Ehrlichen meist die Dummen. Denn irgendwas ist immer. So ist es zum Beispiel verboten, das Ehepartner gegen Bezahlung im „Familienbetrieb“ mitarbeiten.

Während das private Forschungsinstitut Manfred von Ardenne von allen Regeln verschont bleibt, werden kleine Bäckermeister wie zum Beispiel Jürgen aus Grimmen vorsorglich eingesperrt, falls sie sich verrechnet haben (siehe Sonntag, 15. Januar).

Warum er mir das erzählt? Weil wir Jungspunde begreifen müssen, dass die Planwirtschaft genau deshalb den Bach runtergeht. Privates Unternehmertum wurde Schritt für Schritt „ausgerottet“, was seiner Überzeugung nach eher früher als später zur Pleite des ganzen Systems führen wird. 𝓕𝓸𝓻𝓽𝓼𝓮𝓽𝔃𝓾𝓷𝓰 𝓯𝓸𝓵𝓰𝓽 …

💡 Sie haben einen Linkedin-Account? Dann können Sie meinen Newsletter „Der 18-Jährige, der einen Zettel schrieb und verschwand“ abonnieren ✔︎ 

Matomo