Brauchbar wäre noch besser

Es geht jetzt ganz einfach. Sie brauchen nur ein Smartphone mit aktivierter Gesichtserkennung bzw. Fingerabdruck-Funktion.

Außerdem zwei Apps (Digitales Amt und eAusweise) und vor allem die ID Austria in der behördlich signierten Vollfunktion. Und schon können Sie bei einer Kontrolle statt des Führerscheins ihr Handy vorzeigen. Wie praktisch.

Wenn das ein „Meilenstein am Weg in die Digitalisierung“ ist (Innenminister Gerhard Karner), sind wir gespannt, wohin dieser Weg noch führt. Dass es in Deutschland, wo gerade das Onlinezugangsgesetz (OZG) grandios am Stichtag scheitert, nicht besser aussieht, ist kein Trost. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel FrostStrat, ein Projekt, das kleinräumige Klimadaten in den Wein- und Obstbaugebieten sammelt und analysiert, sodass die Landwirte bei Spätfrösten im Frühjahr per E-Mail oder SMS in Echtzeit gewarnt werden können (Seite 10). Wirklich praktisch.

Hinter dieser Diskrepanz dürfte sich ein – mindestens – europaweites Problem verbergen; auf Strategiesprech heißt es „Digitalkompetenz“, ein befreundeter Programmierer nennt es „Klickibunti“: Man hat sich von der Vorstellung verabschiedet, dass Menschen mit Computern umgehen können. Digitalkompetenz heißt, dass sie wenigstens wissen sollten, wo sie die Iris hinhalten und den QR-Code vorzeigen. Entsprechend ernüchternd sind auch die auf Selbstauskunft ausgerichteten Ambitionen des Digitalen Kompetenzmodells für Österreich – DigComp 2.2 AT, die Friedrich List zum Start dieser Beilage (Seite 4) erklärt.

Dabei wäre der Bedarf an Leuten, die mehr als wischen können, enorm. Durch den Mangel an IT-Fachkräften entgehen Österreich jährlich 3,8 Milliarden Euro an verpasster Wertschöpfung. Diese Arbeitsplätze finden dann unter Umständen einfach anderswo statt, auf Bali zum Beispiel oder wo Digitalnomaden sonst abhängen. Denn mit Homeoffice, digitalen Collaboration-Tools und verteilten Teams ist Präsenz im Büro keineswegs immer erforderlich. Das hat die Wirtschaft in der Pandemie auf die harte Tour gelernt. New Work ist meistens Remote Work.

Die Arbeitswelt hat sich „von einer Präsenzkultur zu einer leistungsbezogenen Arbeitskultur“ gewandelt, wie Friedrich List in seinem Beitrag (Seite 6) zeigt. Und gerade qualifizierten Leute wissen sehr wohl um ihren Wert, sie können sich aussuchen, wo sie arbeiten, und ausrechnen, wie weit es aus dem Grazer Becken bis zum Strand ist. Das bekommen sogar die Restaurants zu spüren, die das Mittagsmenü jetzt immer öfter ins Homeoffice ausliefern. Der „Lieferservice-Challenge“ müssen sich aber auch die Lebensmittelhändler und weitere Branchen stellen. Praktische Tipps hierzu – sowohl für Anbieter als auch für Consumer – gibt es ab Seite 8.

Dass IT-Know-how keineswegs egal ist, zeigt auch der Krieg in der Ukraine. Zwar ist es an der Cyberwar-Front, anders als zunächst befürchtet, verdächtig still. Doch Versorger und andere kritische Infrastrukturen sind in dauernder Alarmbereitschaft. Welche Maßnahmen sie ergreifen und ob uns der Blackout droht, analysiert Dirk Bongardt zum Abschluss ab Seite 16. Eine vielversprechende Option besteht in Täuschungstechnologien, die Angreifer auf falsche Fährten locken und in virtuelle Kulissen umleiten. Wie das funktioniert, erklärt Roland Freist anhand des Wiener Spezialisten CyberTrap (Seite 14).

In diesen Themenkreis gehört außerdem die Auswahlübersicht zu Cloud-Dienstleistern in Österreich (Seite 12). Denn jenseits von DSGVO-, Kosten- und Flexibilitätsargumenten gilt: Sicherheitsvorkehrungen wie sie solide Cloud Provider und Colocation-Rechenzentren bieten, kann sich kaum ein Unternehmen für eigene Server leisten. Das Ö-Cloud-Gütesiegel ist vielleicht kein Meilenstein. Aber es ist praktisch und hilfreich.

Quelle: IT-Unternehmen in Österreich stellen sich vor 1/2022 in c’t 25/22

Matomo