Frage an Radio Eriwan: Sind Verkabelungen nach ISO/IEC 11801 herstellerunabhängig? Antwort: Im Prinzip ja; die Norm bindet Sie nicht an einen bestimmten Hersteller – das tun Sie schon selbst. Und zwar so:
Kaum jemand will bzw. kann alles selbst machen, aus einer Reihe von Gründen. Packungsdichte, strukturierte Lösungen, eine bequeme DCIM-Anbindung und elegante Monitoring-Funktionen sowie fertig durchgemessene Anschlüsse sind weitere Argumente für vorkonfektionierte Verkabelungssysteme. Dagegen spricht oft nur, dass man im Zweifelsfall die Wurst dem Schinken hinterherwerfen muss: Wer einmal mit Systemware begonnen hat, bleibt sinnvollerweise dabei.
Dass das gar nicht verkehrt sein muss, sondern dass Verkabelungssysteme auch sehr erwägenswerte Optionen bieten, zeigt die Titelstory von Doris Piepenbrink (Seite 4). Manche Systemansätzebieten sich geradezu als Mittler bei Technologiesprüngen an – Simon Federle schildert einen solchen Fall am Beispiel von Cat 8.1 mit EasyLan (Seite 10).
Außerdem kommt noch ein gewichtiges Pro-Argument dazu: die Zeit. Sogar bei Großprojekten, die mit dem Bagger beginnen, sind die Termine knapp gesetzt und die Kunden schnell ungeduldig. Das gilt erst recht bei Ausbauvorhaben und ganz besonders für die neuen Edge-RZ.
Weil viele Industrie-4.0- und IoT-Anwendungen extrem niedrige Latenzen brauchen, rückt die Datenverarbeitung ins Feld nach und gesellt sich zu den Datenquellen. Das muss meist so schnell wie irgendmöglich geschehen und verändert den RZ-Bau gründlich, wie Gerhard Sundt erklärt (Seite 22). Diverse Anbieter haben deshalb bereits komplett vormontierte RZ-Container im Angebot, die dann zum Beispiel bei thyssenkrupp Steel auf dem Werksgelände stehen (Seite 14).
Praktische Lösungsvorschläge gibt es in dieser Beilage außerdem zur optischen Layer-1-Verschlüsselung (Seite 20), zur Fehlersuche an IBM-Mainframes (Seite 21) und zum Aufbau einer serviceorientierten IT-Dokumentation (Seite 23).
Und weil die randständigen Edge-Systeme im Normalfall auch mit der Cloud operieren, steht man als Betreiber vor dem Hybrid-Cloud-Problem, das derzeit viele Unternehmen umtreibt: dem Datenmanagement. So praktisch es ist, Workloads zwischen Onsite-Servern bzw. Private Clouds und Public Clouds hin- und herzuschieben, so schwierig kann es werden, die Daten in ein konsolidiertes Backup zu kriegen. Die einzelnen Services haben hierfür naturgemäß keine Lösung, weshalb Roland Stritt ein übergreifendes Cloud Data Management vorschlägt (Seite 12).
Diesen Bedarf hat mittlerweileauch Amazon erkannt, geht bei der Lösung aber eigene Wege, berichtet Axel Oppermannvon der Hausmesse re:Invent 2018 (Seite 16). In Las Vegas hat AWS einen Schritt angekündigt, den Oracle seit Jahren als Mantra predigt und den Microsoft mit Azure Stack bereits gegangen ist. Outposts heißen die Appliances, die von AWS beim Kunden platziert werden und mit der Cloud eine konsistente Hybrid-AWS-Infrastruktur ergeben: Racks samt Hard- und Software, Betrieb und Wartung inklusive. Nur anstecken müssen Sie das Ganze selber. Ein Vendor Lock-in im Verkabelungssystem dürfte dann jedenfalls kaum noch ins Gewicht fallen.
Quelle: Rechenzentren und Infrastruktur 4/2018 in iX 1/19