Es begann im Herbst 1992. Mein damaliger Chef und heutiger Freund, Michael J.M. Lang und ich übernahmen die Chefredaktion einer sterbenden Computerzeitschrift, deren Mannschaft zur Konkurrenz wechselte. Mit einer Beilage zum Thema Telekommunikation versuchten wir das geerbte Blatt zu retten. Nach zwei Ausgaben war Schicht im Schacht, was zugleich auch der Anfang vom Ende eines der angesagtesten Zeitschriften-, Buch- und Softwareverlage war, für die ich jemals arbeiten durfte.
Im Frühjahr 1993 erhielt ich einen Anruf vom Geschäftsführer der Würzburger Konkurrenz, die in München mit Chip und Win zwei unschlagbare Schlachtschiffe herausbrachte. Sein Angebot: Einer Fachzeitschrift namens TeleCom mit angestaubter Btx-Historie eine digitale Zukunft geben. Das Problem: In Stuttgart startete zeitgleich ein wirklich cooler Titel names connect, der uns schlicht die Wurst vom Brot nahm, bevor wir die ersten Seiten schreiben konnten. Nicht ohne meinen Chef, erwiderte ich damals, worauf man uns beide einkaufte.
Wir versuchten es mit digitalem Mobilfunk, der zu jener Zeit von Null auf Hundert durchzustarten begann, wobei uns die Würzburger immer wieder warnten, dass wir damit keine Chance gegen Stuttgart hätten. Sie behielten recht. Michael musste nach wenigen Monaten das Handtuch werfen und überließ mir in aller Freundschaft das Ruder. Der Fernmeldetechniker Ralph-Guido Novak half mir dabei. Markus Schraudolph brach sein Studium ab (!) und heuerte ebenfalls bei „meiner“ TeleCom an. Außerdem brauchte Stefan Kuhn dringend einen Job. Gemeinsam machten wir auf Hardcore-DFÜ – Datenfernübertragung mit Compuserve, Datex-J, Euro-ISDN, Fidonet und Mailboxen waren die Themen.
Dann kam Susi. Sie wurde auf Drängen meiner Jungs unsere neue Cheflayouterin und verdrehte uns die Köpfe. Mit ihr brach das Internet über uns herein. Anfangs noch zaghaft. Wir schämten uns für den Namen unserer Zeitschrift und sahen keine Chance, je einen Blumentopf zu gewinnen. Mit zwei Damen aus der abgeschossenen PC Aktuell, meinem Kumpel Raffi (siehe Nachrufe) und unserer guten alten Redaktionsfee Elisabeth gingen wir am Spitzingsee in Klausur. Wir rechneten unsere Chancen aus und kamen unter den gegebenen Bedingungen auf gut 60.000 Menschen, die eine Zeitschrift für Profis kaufen wollen müssten, wenn wir sie PC-ONLiNE nennen und volles Rohr auf Computer und Communications setzen.
Im Sommer 1994 machten wir zwei Titeltests, die beide unsere Pläne bestätigten. Im Herbst wagten wir den großen Schritt. Gleich der erste Schuss war ein Volltreffer, bei dem uns namhafte Autoren wie z.B. Jörg Schieb, Reinhard Weber und Gerhard Schild schreibend zur Seite standen. Dr. Klaus Langner, Gründer und Geschäftsführer von ELSA sponserte mit 20.000 DM pro Ausgabe über viele Monate unsere Heft-CD. Sein Marketing schaltete außerdem Anzeigen. Andere Unternehmen wie AVM, Connect Service Riedlbauer, Dr. Neuhaus und Teles waren ebenfalls dabei, sodass wir kostenmäßig kalkulierbar aus dem Schneider waren. Wir verkauften rund 56.000 Exemplare und pendelten uns bei ständig steigenden Copypreisen um die 45.000 ein. Außerdem behielten wir die meisten unserer Abonnenten aus der TeleCom-Zeit und verdienten noch etwas Geld mit netNite. Das machte uns zu Helden.
Bis 1998 waren wir die Underdogs in der Poccistraße und hatten ziemlich freie Hand. Eine Hausdurchsuchung und gelegentliche Spesenunfälle wurden uns mit einem Augenzwinkern verziehen. Mehr als einmal hieß es von der Verlagsleitung: „PC-ONLiNE: Alles richtig gemacht!“. Schließlich setzte ein in der Branche namentlich bekannter Dampfplauderer unserem Verleger einen Floh ins Ohr. Lifestylish wie Tomorrow müssten wir werden, damit wir morgen noch bessere Chancen hätten. Damit begann die feindliche Übernahme.
Unser Geschäftsführer und Verlagsleiter wurden gegangen. Wir erhielten einen ganz besonders klugen Kopf als Berater im Nacken, der für sein Husarenstück ein Vielfaches dessen kassierte, was wir an Honoraren für professionelle Autoren ausgaben. Im Frühjahr 1999 war Schluss mit lustig. Man servierte mich ab und lies vermeintlich richtige Blattmacher unser Blatt machen. Mir kamen die Tränen und ich machte mich durch die Hintertür vom Acker (siehe Time To Say Good Bye).