Samstag, 7. Januar 1984

Das ist unsere letzte Chance. Wenn wir jetzt ein Märchen erzählen, würden wir aus der Nummer vielleicht noch mal rauskommen. Doch um das zu verhindern, habe ich den Zettel geschrieben.

Wenn wir es übertreiben, könnten wir in der Psychiatrie landen. Wenn unser Plan aufgeht, werden sie uns einsperren. Wenn wir einen Rückzieher machen, werden sie uns schikanieren, bis wir alt sind.

Im Streifenwagen ging es zum Polizeirevier. Gegen drei Uhr morgens beginnt meine Vernehmung. Ein Offizier der Kriminalpolizei tippt in seine Schreibmaschine. Routinierte Fragen. Ehrliche Antworten.

Dann kommt die alles entscheidende Frage, ob und warum ich die Worte „Let’s go West“ auf den Zettel geschrieben habe. Ja, habe ich. Damit klar ist, wo der Hammer hängt.

Wie wir in den Westen gelangen wollten, will er wissen. Wir hätten uns am Wochenende in den nächsten Zug nach drüben gesetzt, gestehe ich.

An der Grenze wollten wir ganz normal unsere Ausweise zeigen. Dann wäre der Zug entweder mit oder ohne uns weitergefahren. Ende der Geschichte.

Am frühen Morgen unterschreibe ich mein Geständnis. Mal sehen, was die Betonköpfe daraus machen. Meine Prognose: Im schlimmsten Fall zwei Jahre Knast. Entlassung in den Osten und Scheiße fressen bis zum nächsten Mal. Im besten Fall Abschiebung oder Freikauf. Mit regelmäßigen Ausreiseanträgen vielleicht irgendwas in der Mitte. 𝓕𝓸𝓻𝓽𝓼𝓮𝓽𝔃𝓾𝓷𝓰 𝓯𝓸𝓵𝓰𝓽 …

Matomo