Zugegeben – ich konnte Thomas Knüwer nicht leiden, als er noch für das Handelsblatt schrieb, Entschuldigung, „bloggte“. Seine Beiträge waren mir oft zu links und ignorant. Oberschlaue Wirtschaftsschreibe haarscharf an der Realiät vorbei. Entsprechend skeptisch kaufte ich die iPad-Applikation von Wired Deutschland, obwohl ausgerechnet Knüwer Chefredakteur ist, und war auf das Schlimmste gefasst.
Satte 663 MByte (!) wiegt der Download. Warum die nackte App 2,99 Euro kostet und die Erstausgabe kostenlos zu haben ist, kapiert wahrscheinlich nur, wer für Condé Nast arbeitet. Ob die ersten 14 Bewertungen mit fast allen Sternchen echt sind? Hoffentlich kein alberner Abklatsch amerikanischer Nerdkultur. Und hoffentlich mehr als focussierter Infomüll von Chip.
Beim Blättern die große Überraschung: Wertvolles Bildmaterial, geschliffene Infohappen und dezente Multimediaeffekte, die passen und neugierig machen. Authentisches Wired-Layout ohne nervige Übertreibungen. Sehr gute Autoren, zeitgemäße Storys und überwiegend deutsche Themen. Besonders faszinierend das Video vom klingenden Pendel in Augsburg. Sehr aufschlussreich die Geschichte über Deutschland nach der Energiewende. Etwas nervig der Personenkult um so genannte Geeks. Grenzwertig die getarnte Textanzeige von BMW.
Für eine gedruckte Zeitschrift sind die meisten Texte vielleicht zu kurz, für gehetzte iPad-Leser wie mich genau richtig. Kurz und schmerzlos: Diese Wired ist die beste Neuerscheinung für real praktizierende Netzliebhaber seit AVDC. Glückwunsch, Herr Knüwer – Sie haben mich überrascht. Bitte mehr davon ;-)