Samstag, 21. Juli 1984

Die gute Nachricht zuerst. Beim Duschen am Mittwoch bin ich durch die Kontrolle geschlüpft. Im Keller und beim Verlassen haben wir uns so gruppiert, dass mein linker Rücken meist verdeckt blieb.

Die „Wunde“ sieht sehr gut aus. Kaum geschwollen. Gesunder Grint. Keine Entzündung. Kein Eiter. Nichts. Nächste Woche könnte das Tattoo vielleicht schon so aussehen, als sei es immer dort gewesen.

Jetzt die schlechte Nachricht: Rudi wurde entlassen. Seit vorgestern bin ich sein Nachfolger – „Schlafraumältester“, wie es offiziell heißt.

Kein Chef. Nur ein Deputy der Chefs. Peter ist sauer. Er blickt feindselig. Sieht nach einer tickenden Zeitbombe aus, die ich unbedingt entschärfen muss.

Das ist noch harmlos. Heute Vormittag, beim samstäglichen Großreinemachen hat es geknallt. Bums, die zarte Mieze zeigt auf einen merkwürdigen Fleck in der Kloschüssel, wo vor wenigen Augenblicken keiner war.

Während ich mich bücke, um ihn zu inspizieren, knallt er mir seine rechte Faust voll ins Gesicht. Damit habe ich nicht gerechnet. Mein erster Impuls ist aufzuspringen und ihm die Fresse zu polieren.

Doch ich beherrsche mich und mache den Fleck seelenruhig weg. Das könnte ein abgekartetes Spiel gewesen sein. Vermutlich fürchtet Bums um seine Stellung in der „Chefetage“ und will die Fronten klären.

Zurückschlagen und gewinnen würde bedeuten, in der Hackordnung weiter aufzusteigen. Verlieren könnte ihn zu einem unberechenbaren Rächer machen und das Ende meiner Privilegien nach sich ziehen.

Ich habe keinen Bock, ihn in seinem Schlafraum zu ersetzen. Wer weiß, zu was sie mich dort zwingen. Er darf gern die Mieze von Nobl bleiben, während ich nur hier in diesem meinen Schlafraum für Ruhe und Ordnung sorge.

Botschaft angekommen. Kein Grund, mein Dilemma zu komplizieren. Aber bitte nicht noch mal! Und schon gar nicht mit buchstäblich schmutzigen Tricks. Oder war es Peter?

Damit werde ich mich als nächstes beschäftigen müssen. Peter, der alte Sack ist ein routinierter Krimineller. Weder doof noch intelligent. Im Zweifel clever. Und mit etwas Fantasie potenziell intrigant. 

Wie bekomme ich diesen kleinwüchsigen „Scheeks, Aas“, der mein Opa sein könnte, unter Kontrolle, ohne mich ständig umdrehen zu müssen?

Was, wenn er den Zwischenfall mit Bums provoziert hat? Dann müsste ich ein Exempel statuieren, was jedoch meiner harmoniebedürftigen Natur widerspricht.

Das kann eine verdammt lange Nacht werden, bis das geklärt ist. Purple Schulz schreit auf den Punkt, wie ich heute drauf bin: „Ich hab Heimweh / Fernweh, Sehnsucht / Ich weiß nicht, was es ist / Ich will nur fort / Ganz weit fort / ICH WILL RAUS!“. 𝓕𝓸𝓻𝓽𝓼𝓮𝓽𝔃𝓾𝓷𝓰 𝓯𝓸𝓵𝓰𝓽 …

Matomo