Samstag, 10. Februar 2024

1984. Apple führt den Macintosh ein, die Olympischen Spiele finden in Sarajevo und Los Angeles statt, Richard Weizsäcker wird Bundespräsident und Frankreich Fußball-Europameister, die Anschnallpflicht wird eingeführt und Tetris begeistert die Welt, schreibt Anja Plesse in einer Hausmitteilung Mitte Januar 2024 an alle Standorte der Heise Gruppe.

Davon weiß ich am Samstag, 11. Februar 1984 natürlich nichts, weil ich seit 36 Tagen im Knast sitze. Keine Zeitung. Kein Fernsehen. Kein Radio. Zwei Briefe. Ein Schmöker. Und ein Besuch vom Staatsanwalt – das sind die einzigen Informationen von draußen.

Was ich damals vor 40 Jahren auch noch nicht weiß: Keine zwei Jahre später werde ich in der Bénédict Sprach- und Wirtschaftsschule in Wuppertal an einem Apple Macintosh sitzen und meine ersten Programme schreiben. Doch bis dahin wird noch sehr viel Gift von der Saale in die Elbe fließen:

Bis zu meiner Gerichtsverhandlung am 12. März dauert es noch 30 Tage. Bis das Urteil am 20. März rechtskräftig wird, weitere acht. Bis ich als Strafgefangener nach Magdeburg und von dort nach Halle an der Saale „transportiert“ werde, verbrennen noch mal 51 Tage.

Im Jugendhaus Halle, im Knastjargon „Frohe Zukunft“ genannt, werde ich 81 Tage und Nächte aushalten müssen. Dort wird mich die Untersuchungshaft in Greifswald an eine geschlossene Jugendherberge für Erwachsene mit etwas strengeren Regeln erinnern – so krass verändert sich die Situation.

Kurz bevor es wirklich brenzlig wird, geht es auf Transport nach Chemnitz, wo ich 14 Tage lang von der Stasi mit Samthandschuhen angefasst werde. Am 15. August werde ich Rechtsanwalt Vogel zum ersten und einzigen Mal aus nächster Nähe sehen. Dann geschieht das Wunder. 𝓕𝓸𝓻𝓽𝓼𝓮𝓽𝔃𝓾𝓷𝓰 𝓯𝓸𝓵𝓰𝓽 …

Matomo