Mittwoch, 23. Mai 1984

Im Morgengrauen werden wir lautstark geweckt. Sofort raus und stillgestanden. Kurze Meldung und Zählung.

Nach kompakter Morgentoilette im Gleichschritt zum Frühstück. Von dort im Gleichschritt zur Zwangsarbeit. 

In einer großen Werkstatt werde ich einer Punktschweißmaschine zugeteilt. Damit soll ich fünf Bleche zu einer Lade stanzen, die zu Werkzeugkästen montiert für den Westen bestimmt sind.

Die Norm ist utopisch. Meine Maschine völlig verstellt. Die Schweißpunkte glühen frustrierend willkürlich.

Es dauert ewig, bis ich den richtigen Winkel für zwei rechtwinklig ineinander gesteckte Blechkanten zwischen zwei Stahlspitzen finde und mit einem Fußtritt passend verschweißt bekomme.

Ständig fliegen mir Funken in die Armbeugen, ins Gesicht und an den Hals. Manche Glut verirrt sich bis zum Bauchnabel.

Beim Ergreifen der unterschiedlich großen Bleche, Zusammenstecken, Ausrichten, Halten, Zutreten, Punkten, Prüfen, Umdrehen – Hinzufügen weiterer Teile, Zusammenstecken, Ausrichten, Halten, Zutreten, Punkten, Prüfen und Ablegen, muss ich höllisch aufpassen, dass ich mich nicht schneide.

Dieser Job funktioniert vielleicht mit sehr viel Taktgefühl, das ich nur bedingt habe. Wenn ich mir vorstelle, an einem Schlagzeug zu sitzen und „Die Roboter“ von Kraftwerk doppelt so schnell in einer Endlosschleife summe, könnte es klappen.

Die Chefs, die keine drei Meter schräg hinter mir an einem Tisch sitzen, Karten spielen, würfeln, herumalbern, fressen, saufen, qualmen, Kisten zählen und Kommandos grölen, feixen amüsiert.

Zum Feierabend wird abgerechnet. Jannot: 100 Prozent. Das ist zu wenig. Wer keine 120 schafft, muss auf die Piste. 𝓕𝓸𝓻𝓽𝓼𝓮𝓽𝔃𝓾𝓷𝓰 𝓯𝓸𝓵𝓰𝓽 …

Matomo