Freitag, 4. Mai 1984

Von Disney World in Thale und Vergewaltigung in Potsdam geträumt. Mit Angstschweiß aufgewacht. 

Nach meinem Streifzug durch die Westmedien flüchte ich mich in weitere Erinnerungen. In den 1970er Jahren waren meine Eltern Dauercamper. Zunächst am Birnbaumteich, später am Bremer Teich im Harz.

Wenn das Wetter mitspielte, fuhren wir gefühlt jeden Samstag nach der Schule dorthin und blieben bis Sonntagabend. Die Autofahrt dauerte eine knappe Stunde. Mit dem Fahrrad schaffte ich die 70 Kilometer in viereinhalb Stunden. Da war ich zwölf.

Am Bremer Teich lernte ich einen gleichaltrigen Freund namens Dirk kennen, mit dem ich durch die Wälder zog. Eines Tages durfte ich ihn zu seinen Großeltern in Thale begleiten, wo wir ein langes Wochenende verbrachten.

Dort sahen wir eine Reportage über Disney World in Florida, die mich traumatisierte: Wie kann es sein, dass im „faulenden absterbenden Imperialismus“ sowas Tolles für Kinder gebaut wird? Da will ich hin. Dort will ich sein (siehe Samstag, 21. Januar)!

Bald darauf erlebte ich meine erste depressive Verstimmung im Leben. War ich es bis dahin gewohnt, dass Freundschaften irgendwann einschlafen, weil man sich aus den Augen verliert, machte Dirk mit mir richtig Schluss.

Auslöser war ein dämlicher Bogenschuss. Obwohl er mich dringend davor warnte, schoss ich einen Pfleil senkrecht nach oben. Bei der Rückkehr bohrte sich seine Spitze ins Überzelt seiner Eltern.

Er fackelte nicht lange und kündigte mir die Freundschaft. Ich sei ihm (O-Ton) „zu ungezogen“. Die Geschichten über meinen Stiefvater sind doch alles Hirngespinste. Er will mich nie wieder sehen. So war es dann auch.

Diese furchtbar erwachsene Konsequenz eines Gleichaltrigen hat mich schwer beeindruckt. Es dauerte Monate, bis ich sie vollständig verdaut hatte. Aber es kam noch schlimmer. 𝓕𝓸𝓻𝓽𝓼𝓮𝓽𝔃𝓾𝓷𝓰 𝓯𝓸𝓵𝓰𝓽 …

Matomo