Industrie lernt dazu

Ob der Digitalisierung die Dauerklage über die „verlorene erste Halbzeit“ mehr genützt als geschadet hat, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass die Kritiker hierzulande leichtes Spiel hatten, als nach Cloud, 5G, Edge etc. der nächste Hype anstand: künstliche Intelligenz.

Diesmal wollte man sich nicht abhängen lassen, um keinen Preis. Einen ersten Begriff von diesem Preis gaben die 500 Millionen Euro, die die Bundesregierung 2018 für KI-Förderung in die Hand nahm; dazu gab es bald noch viel mehr Geld, haufenweise neue Humboldt-Professuren und KI-Trainer für den Mittelstand.

In weiten Teilen der Wirtschaft ist das erst einmal auf freundliches Abwarten gestoßen. Das liegt daran, dass KI-Vorteile schwer zu sehen und schwer zu erklären sind. Ein flottes Sprachtool wie DeepL verschafft maschinellem Lernen mehr Respekt als sieben Fraunhofer-Forschungsprojekte.

Vor allen anderen hat die Automobilindustrie die Vorteile von KI erkannt. Wenn autonomes Fahren Wirklichkeit werden soll, dann braucht dieser Verkehr nicht nur Echtzeitverbindungen und fähige Sensorik, sondern auch extrem hochintelligente Datenverarbeitungssysteme. Als Nächste wurden die routinierten Automatisierer in Industrie und Maschinenbau hellhörig, denn mit vorausschauender Wartung, perfektionierten Produktionsprozessen und neuen Entwicklungsmethoden lässt sich gut und sichtbar sparen.

Unterdessen gießen Uni-Absolventen und -Mitarbeiter praktisch alles in ein Geschäftsmodell, was sich mit lernenden Verfahren überhaupt anstellen lässt. Die TU München ist hierfür ein gutes Beispiel. Welche KI-Ideen die dortigen Start-ups ausbrüten, sagt Ariane Rüdiger ab Seite 47. Zuvor berichtet Roland Freist aus der Industrie: von KI, die neue Molekülkombinationen durchspielt oder optimale Glasfasertrassen findet, bis zu integrierter Qualitätskontrolle und den KI-Kooperationen der Autobauer.

Wie die neuen Prozessoren aussehen, die mit dem nötigen Rechenaufwand klarkommen, schildert der Schlussbeitrag dieser Strecke (Seite 54), während der Report von Kai Tubbesing zeigt, wie KI für mehr IT-Sicherheit sorgen kann – und wo neue Risiken entstehen. David Schahinian hat außerdem bei den deutschen Universitäten nachgesehen, wo es künstliche Intelligenz bereits als Studiengang gibt (Seite 52). Für den eigenen Kopf, wohlgemerkt.

Quelle: Künstliche Intelligenz in c’t innovate 2020

💡 Sie haben einen Linkedin-Account? Dann können Sie meinen Newsletter „Der 18-Jährige, der einen Zettel schrieb und verschwand“ abonnieren ✔︎ 

Matomo