Lichtwellen am Ende des Tunnels

Es gibt die sogenannte Brenner-Basistheorie. Sie kann vielleicht erklären, warum Österreicher lieber auf Mobilfunk setzen als im Tiefbau Glasfaserkabel zu verlegen: Ein Durchstich ist bekanntlich kein Problem. Aber man ist nie sicher, ob die Strecke auf der anderen Seite überhaupt weitergeht.

Tatsächlich kann man von Deutschland aus nur neidig auf die österreichischen Mobilfunktarife blicken. Und es steckt in der launigen Theorie sogar ein Fünkchen Wahrheit: Leitungsgebundene Infrastrukturen erfordern oft weiträumige, sprich: landes- oder bundesweite Verlegekonzepte, denn es macht schlicht keinen Sinn in Bergdörfern die Straße aufzureißen, wenn die Anbindung zum nächsten Netzknoten zu dürftig ist. Spätestens wenn der kommende Highspeed-Standard 5G ausrollen soll, muss sich daran aber etwas ändern. „Damit 5G bis 2025 flächendeckend auf Sendung gehen kann, muss bis dahin Glasfaser-Internet in hoher Bandbreite zur Verfügung stehen“, warnt Dirk Bongardt – seinen Netzbeitrag finden Sie in diesem Heft ab Seite 8.

Genau für solche strategischen Entscheidungen hätte sich Österreich ja eine eigene Instanz geschaffen, Margarete Schramböcks Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Und das Ressort Infrastruktur von Norbert Hofer gibt es auch noch. Aber beide schicken doch lieber eine neu gegründete Digitalagentur vor: „Der DIA-Tschas soll’s richten“ überschreibt Michael Praschma seine Zwischenbilanz der Digitalstrategie ab Seite 12.

Dagegen können Städte, Gemeinden und ganze Regionen den Smart-City-Umbau gut in eigener Regie angehen, wenn auch meist mit ordentlicher Unterstützung durch die bundesweite Smart-City-Initiative. Auch die ist übrigens den Überlegungen auf deutscher Seite weit voraus. Es stehen schon die ersten Plusenergiehäuser, die nicht nur quasi-autonom funktionieren, sondern sogar ins Netz speisen bzw. weitere Standorte mit Wärme versorgen. Auch die verkehrspolitische Entzerrung der Innenstädte macht gute Fortschritte Richtung E-Mobility. Insgesamt ist hier einmal mehr einer starken, aufgeschlossenen Tourismusbranche, die in den meisten Fällen als hartnäckiger Treiber wirkt, viel zu verdanken. Friedrich List zeigt den Stand der Dinge anhand der Maßnahmen in Wien und Salzburg (Seite 5). Die beiden Städte sind außerdem wichtige Messestandorte – eine auf Industrie und Technologie ausgerichtete Übersicht zu diesem Thema finden Sie auf Seite 16.

Eine weitere Übersicht hat Mehmet Toprak erarbeitet: Er geht die wichtigsten Hightech-Inkubatoren und Gründerzentren im Einzelnen durch, von AplusB bis WKO (Seite 17). Die Konzepte sind dabei so unterschiedlich wie die Interessen der Beteiligten. Etablierte Unternehmen erhalten dadurch ersten Zugriff auf junges Know-how und auf die entsprechenden Fachkräfte. Im Gegenzug tun sich Start-ups leichter, wenn sie ihre Anwendungen zum Beispiel unter Produktionsbedingungen demonstrieren können.

Ein letzter Schwerpunkt kehrt der Stadt den Rücken und geht hinaus aufs Feld. Smart Farming oder Digital Agriculture sind zwar noch jung, aber sie entwickeln sich rasant, denn vernetzte Lösungen und die Automatisierung machen am Weidezaun nicht halt. Neben Melkrobotern und Big Datenbanken für die Rinderzucht gibt es auch handliche Ideen, die selbst für Nebenerwerbsbauern sinnvoll sein können (Seite 14). Bestes Beispiel: die preisgekrönte App Farmdok aus dem niederösterreichischen Wieselburg, die Schlagaufzeichnungen per GPS und komplett automatisch besorgt. Die Entwickler kennen ihre Zielgruppe offenbar gut: Farmdok ist offline-fähig, zeichnet also auch ohne Mobilnetz auf.

Quelle: IT-Unternehmen aus Österreich stellen sich vor 1/2018 in c’t 23/18

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Matomo