Wo WLAN-Schiedsrichter auf Abseits entscheiden

Wer in Frankreich eine Prepaid-SIM-Karte kauft, muss dort schon länger seine Identität nachweisen. Im Laden an der Ecke wird das zwar oft ziemlich „mediterran“ gehandhabt, aber das Beispiel zeigt, wie unterschiedlich die politischen Prioritäten sind. Hierzulande hat die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzesvorstoß als vorbeugende Antiterrormaßnahme erst in diesem Juni unternommen. In Deutschland sind es sonst eher die Urheberrechte, deren Schutz mit der technologischen Entwicklung schwer zu synchronisieren ist. Das gilt für die GEMA auf YouTube ebenso wie für Public WLAN.

Hotspots, Störerhaftung und Access Points sind darum der erste Schwerpunkt dieser Ausgabe: Dr. Harald Karcher zeichnet nach, was sich bei Telemediengesetz und offenen Funknetzen getan hat (Seite 8). Außerdem war er 2015 und 2016 mit der Bayerischen Seenschifffahrt unterwegs, um das kostenlose @BayernWLAN zu testen (Seite 11). Die Funkverteiler auf den Fähren beziehen ihr Netz offenbar von den LTE-Mobilfunkmasten und reichen es an die Fahrgäste weiter. „Wenn der professionelle WLAN-Hotspot der Seenschifffahrt das @BayernWLAN aus LTE speist, müssten wir das doch auch können“, dachte sich der Autor und nahm die kleine Fritz!Box 6820 LTE mit auf die nächste Tour, um versuchshalber ein eigenes Netz aufzuspannen (Seite 13). Wie dieser LTE-to-WLAN-Router mit den diversen Mobilfunknetzen klarkommt, hat Karcher außerdem für einen separaten Beitrag getestet, den Sie auf Seite 24 finden.

Das Thema hat auch noch einen IoT-Aspekt: Immer mehr Machine-to-Machine-Kommunikation wird künftig per Mobilfunk vonstattengehen. Meist sind es nur minimale Datenmengen, die aber in regelmäßigen Intervallen durch die Luft gehen. Das wirft zum einen die Kostenfrage auf und birgt zum anderen ganz eigene Risiken. Wie man sie in den Griff bekommt, erklärt Lawrence Miller (Seite 22). Überhaupt ist jeder Netzwerkverantwortliche gut beraten, wenn er den internen Datenverkehr vom öffentlichen Netz trennt. Eine elegante und flexible Möglichkeit sind Virtuelle LANs. Eine praktische Einführung in die VLANKonfiguration gibt Thomas Molkenbur gleich zu Beginn (Seite 4), von der einfachen Switch-Auftrennung bis zu komplexen Netzen aus mehreren Geräten und Access Points. Das funktioniert bei virtuellen Servern mutatis mutandis übrigens genauso.

Damit wären wir bereits beim zweiten Schwerpunkt dieser Ausgabe: der Umstellung auf All-IP. Bekanntlich stellt die Telekom bis 2018 alle TK-Anschlüsse auf Internet Protocol um (Seite 16). Was das für ISDN-Sonderdienste, bestehende Telefonanlagen, Analogund DECT-Geräte bedeutet, hat Doris Piepenbrink untersucht (Seite 17). Sie rät Unternehmen und Organisationen dazu, die Optionen der Migration rechtzeitig zu prüfen. Schließlich sind auf IP-Basis auch Cloud-basierte TK-Anlagen möglich, und die gründliche Einbindung von Groupware, Videokonferenz-Software oder ausgebauten Unified Communications wäre eine Überlegung wert. An diesem Punkt setzt dann der Beitrag von David Williams an (Seite 20); er beschreibt genau, wie man UC-Systeme so an die Datenbanken von ERP und CRM anbindet, dass sie bei Anruf die jeweils passenden Informationen beziehen.

Die All-IP-Umstellung wiederum wird maßgeblich durch die Deutsche Telekom vorangetrieben – und damit kommen noch einmal Recht und Politik ins Spiel. Die Politik nämlich hat uns bis 2018 mindestens 50 MBit/s im Download versprochen. Die Telekom will dieses Versprechen erfüllen – mittels VDSL2Vectoring. Dazu ist allerdings ein exklusiver Zugriff auf die jeweiligen Hauptverteiler und Kabelverzweiger notwendig, was Mitbewerbern und unabhängigen Dienstebetreibern gar nicht schmeckt; sie befürchten eine neue Monopolstellung der Post-Infrastrukturerbin. Hinzu kommt: Vectoring wird die Glasfaser-Förderkulissen kräftig verändern – und damit den FTTB-Netzausbau mindestens verzögern. Wer hier mitreden will, liest am besten den Hintergrundbeitrag von Doris Piepenbrink auf Seite 15.

Quelle: Kommunikation und Netze 1/2016 in iX 7/2016

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Matomo