Womit alles begann

Es war im Frühjahr 1985. Ein halbes Jahr zuvor war ich aus einem Stasigefängnis der DDR in den Westen entlassen worden. Ein paar Wochen verdingte ich mich als Knecht auf einem Bauernhof in der Nähe von Wuppertal.

Die Landwirtschaft funktionierte jedoch völlig anders als im Osten. Von 5 Uhr morgens bis spät in die Nacht für einen Hungerlohn schuften, war nicht mein Ding, für das ich abgehauen bin, weshalb ich mir einen anderen Job suchte. Ein Arbeitskollege zeigte mir seinen Computer und was man damit außer Spielen sonst noch anstellen konnte. Das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Schwer beeindruckt organisierte ich eine Schreibmaschine (!) und kaufte mir das Buch Mein erstes Basic Programm von Rodnay Zaks. Damit begann ich auf meine Weise zu studieren, bis ich mir einen Commodore 116 mit Gummitastatur leisten konnte. Weil damit nicht im Zehnfingersystem zu arbeiten war, tauschte ich ihn wenig später in einen größeren Commodore 16 mit richtigen Tasten, bis ich mir mein zweites Buch – Programmierung des 6502 von Rodnay Zaks leisten konnte.

Dann kaufte ich mir Cobol 80 – eine Einführung mit verständlichen Beispielen von K.-H. Regel. Damit konnte ich mein erstes hilfreiches Cobol-Programm auf einem Großrechner in der Bénédict Sprachen- und Wirtschaftsschule schreiben und eine lästige Routinearbeit aus der Welt schaffen.

Wenig später programmierte ich auf einem Commodore 64 mit Multiplan eine anspruchsvolle Lagerverwaltung für Hertie. Mit Superbase gelang mir schließlich eine komfortable Buchhaltung inklusive vollautomatischem Jahresabschluss. Über einen Freund (siehe Nachrufe), der in Saarbrücken studierte, kam ich schließlich an meinen ersten IBM-kompatiblen XT mit PC-DOS und MS Cobol heran. Auf diesem Gerät schrieb ich unter anderem ein Anzeigenverwaltungsprogramm für eine Düsseldorfer Werbeagentur, die mit meiner Software eine sonst übliche Arbeit von vielen Stunden in wenigen Minuten erledigen und auf einem A3-Drucker ausgeben konnte.

Das größte Problem damals waren ansprechende Bildschirmmasken, damit unbedarftes Personal überhaupt am Computer zu arbeiten bereit war. Mausbedienung musste ich mit Assembler integrieren, weshalb ich mir das Buch Programmierung des 8086 8088 von J.W. Coffron kaufte. Ein weiteres Problem waren häufige Konvertierungen von inkompatiblen Dateiformaten zwischen CP/M und DOS, die mit Cobol schlecht funktionierten. Mein Saarbrücker Freund zeigte mir, wie man das mit Turbo Pascal sehr viel schneller macht und überlies mir das gleichnamige Reference Manual von Borland International.

Mit einer Justizverwaltung für das Landgericht Düsseldorf und einer mehrdimensionalen Filzschrumpfberechnung für das Internationale Wollsekretariat endete meine Blitzkarriere als pragmatischer Programmierer. 1988 verhalf mir mein Saarbrücker Freund zu einem Job als Redakteur bei Markt & Technik in Haar bei München. Heute programmiere ich im Wesentlichen in php und MySQL mehr oder weniger ähnliche Anwendungen wie damals mit Cobol. Nur dass die überschaubaren Programme auf monochromen Textbildschirmen zu mehrfarbigen HTML-Präsentationen mit etwas komplexeren Nebenwirkungen mutiert sind ;-)

Matomo