Was gute Vorträge von schlechten unterscheidet

Mark Semmler auf der CeBIT Security World 2008Wirklich skeptisch war ich nie. Aber ich habe schon Foren auf Messen erlebt, wo fast gar nichts lief. Die CeBIT Security World 2008 war anders. Die meisten Vorträge an sechs Messetagen waren gut bis sehr gut besucht. Ein Referent erreichte selbst in außerplanmäßig und kurzfristig anberaumten Auftritten wiederholte Besucherrekorde.

Mark Semmler heißt der Mann, der die Massen lockte. Er ist eine Mischung aus einem „langhaarigen Bombenleger“, wie er sich selbst persiflierte, erfahrenen Alleinunterhalter und geschäftstüchtigen Unternehmer. Er vergaß nie, das Publikum einzubeziehen, witzige Sprüche zu klopfen und einprägsame Botschaften zu platzieren. Das eigentlich Spannende in seinen Vorträgen, so genanntes Live Hacking, bei dem es bei kritischer Betrachtung eher um pointierte Vorführungen von hinlänglich bekannten Schwachstellen vernetzter Computer ging, haben eines bewirkt: Aufmerksamkeit – für sich selbst, seine Firma und seinen Auftraggeber.

Um Aufmerksamkeit geht es, wenn Referenten um die Gunst ambitionierter Zuhörer buhlen. Wer sich anmerken lässt, dass er von seinem Unternehmen zu einem Vortrag verdonnert wurde, hat verloren. Die Leute verlassen das Auditorium. Brutale Verkaufspräsentationen, die das Unternehmen und seine Produkte penetrieren, verlieren in wenigen Minuten wertvolles Publikum. Wer vor deutschen Messegästen nach amerikanischem Muster auf Englisch „pitcht“, büßt keine drei Folien später bis zu 90 Prozent der Zuhörer ein.

Dabei müssen gut besuchte Vorträge nicht unbedingt nur auf populäre Fakten für Endverbraucher fokussieren. Wer in allgemeinverständlicher Sprache ohne Marketinglish zu einer nachvollziehbaren Sicht auf brisante Sorgen, Nöte und Tatsachen in großen Unternehmen verhilft, hat gute Karten, am Ende seines Vortrags vor immer noch vollem Publikum ungestraft die eigenen Angebote und Lösungen für Geschäftskunden erwähnen zu dürfen. Denn professionell interessierte Rezipienten funktionieren nicht anders als ambitionierte Schüler, Studenten oder Azubis – sie wollen zum Zuhören motiviert werden. Die direkte Produktpräsentation akzeptieren sie erst dann, wenn sie bereit sind.

Mit diesem Anspruch schaffen es selbst biedere Unternehmen mit komplexen Nutzwerten, Aufmerksamkeit zu erregen. Einer von ihnen war Udo Schneider. Diesem Referenten merkte man an, dass ihm Vorträge wirklich Spaß machen. Mit seinem Blick auf moderne Sicherheitsaspekte durch die Konsumentenbrille erreichten seine Präsentationen zwar nicht die Besucherrekorde von Mark Semmler. Aber die Bänke vor seinem Rednerpult waren meist gut besetzt.

Die CeBIT Security World 2008 profitierte nicht nur von den Medialeistungen des MittelstandsWiki, dessen Herausgeber der Autor dieses Blogs ist. Die CeBIT selbst lenkte die am Thema IT-Sicherheit interessierten Besucher gezielt dorthin. Maßgeblich für den Erfolg entscheidend waren jedoch die Qualität der Vorträge und das Geschick der Referenten. Ohne ihren motivierten Einsatz wäre die konzertierte Werbung im Vorfeld verpufft.

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Matomo