Digitalisierung ohne DACH-Schaden

Mit Australien verwechselt zu werden, geht ja noch an, da gibt es gewisse Gemeinsamkeiten – den Weinbau zum Beispiel, die Oper und den tief verwurzelten Hang zu Outdoor-Extreme-Sportarten. Aber mit den Piefkes! Unvorstellbar. Doch genau das passiert ständig.

Der internationale Vertrieb hat „die Deutschen und alles, was ähnlich unverständlich spricht“, unter der Dachmarke DACH zu einem Wirtschaftsraum zusammengefasst (Deutschland, Austria, Confoederatio Helvetica), damit man sich in EMEA besser auskennt (Europe, Middle East und, es ist eh wurscht, auch Africa). Das ist so realistisch wie ein Regional Sales Manager für Legoland.

Was Österreich und Deutschland trennt, ist bekanntlich die gemeinsame Sprache. Die Schweiz nickt beifällig und ist froh darüber, noch drei andere in Reserve zu haben. In Wahrheit ist der idiotische Evidenzgestus, mit dem einem das Sprachargument vorgehalten wird – it’s the language, stupid! –, nur der Ausweis durchdachter Faulheit. Wo bleibt Liechtenstein (DACHFL)? Was ist mit Südtirol (DACHFLBZ), Luxemburg (DACHFLBZL), was mit den Donauschwaben, dem Elsass oder Namibia, wo fast ein Drittel der Bevölkerung deutsch spricht? Das kann’s also nicht sein.

Und es ist umso bitterer, als es Austria gründlich egal ist. Kein Mensch muss deutsch sprechen, wenn er nach Österreich kommt. Erfolgreiche Unternehmen machen ihr Geschäft in aller Regel nicht auf dem überschaubaren Binnenmarkt, sondern mit dem Ausland. Und das spricht vor allem Englisch. Kein Problem. Jedes Start-up präsentiert sich online international verständlich, und jeder Osttiroler Almbauernhof empfängt seine Gäste in der Sommerfrische fließend auf Englisch. Der Akzent („I’ll be back“) tut dem Erfolg keinen Abbruch. Doch wer mit einem Musterkoffer anreist, besteht auf der Landessprache. Das ist schwer zu verstehen. Mit schöner Regelmäßigkeit wird das EU-Land, das geradezu aus Tradition international aufgestellt ist, in eine Schublade gestopft, die erstens nicht passt und zweitens überflüssig ist.

Wirtschaftlich ist Österreich seinem Sprachraum längst entsprungen.„Für das Jahr 2017 werden im Außenhandel deutliche Zuwächse erwartet“, konstatiert Statistik Austria im jüngsten Bericht: Die Ausfuhren legten im ersten Halbjahr um 8,0 % auf 71,0 Milliarden Euro zu. Dabei spielen zwar Ausreißer nach oben eine Rolle, aber die Tendenz ist eindeutig. Und noch mehr ist von der Digitalisierung zu erwarten. Der Volkswirtschaftswissenschaftler Dr. Wolfgang Schwarzbauer hat für den Club of Rome speziell die Chancen des digitalen Außenhandels analysiert. Er nennt „Serviceorientierung, Flexibilität und Innovationskraft“ als die K.o.-Kriterien einer digitalisierten Welt.

Es sind genau die Stärken, die erfolgreiche Unternehmen in Österreich bereits auszeichnen und um die sich diese IT-Beilage (IT-Unternehmen aus Österreich stellen sich vor) dreht. „Vor diesem Hintergrund“, sagt Schwarzbauer, „sind die Voraussetzungen in Österreich gut.“ Das gilt besonders angesichts der Ungebundenheit von Cloud-Diensten und einer Entwicklung, die viele Märkte weg vom Produktverkauf und hin zum Servicegeschäft dreht. Services sind für Österreich, wie man auf DACH sagt, eine gemähte Wiese. Mit anderen Worten: easy.

Quelle: IT-Unternehmen aus Österreich stellen sich vor 1/2017 in c’t 24/2017

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Matomo