Bahn frei, die Dinge kommen!

Es ist ja nur ein bisschen – so furchtbar viele Daten hat ein Fitness-Armand dann doch nicht zu senden. Aber es werden immer mehr Smart Devices. Dazu kommen zahllose Sensoren, die aus der Industrie 4.0 funken, sowie Milliarden von Postings, Selfies, Videochats und die ganze Welt der Unified Communications. Wir kommunizieren in Ultra-HD-Auflösungen, wechseln zu All-IP und denken uns nichts dabei, Dateien zu teilen, die vor zehn Jahren noch eine ganze Festplatte gefüllt hätten.

Höchste Zeit also, den Bleistift zu spitzen und nachzurechnen, woher die stetig steigende Last kommt, die durch unsere Netze drückt und schon heute so manche Fest- oder Funkinstallation an ihre Grenzen bringt. Die ärgsten Traffic-Treiber nimmt Dr. Harald Karcher ab Seite 4 genauer unter die Lupe. Unterdessen bauen die Netzbetreiber aus, wo es nur geht: Wie weit die 5. Mobilfunkgeneration ist, berichtet Friedrich List vom Live-Projekt 5GXhaul in Bristol (Seite 20) und Matthias Hain wägt ab, wo die Vorteile von Vectoring oder Glasfaser liegen (Seite 14).

Während der Breitbandausbau vor allem eine Kostenfrage ist, geht es bei 5G momentan darum, Standards zu etablieren. Hier ist LTE weiter gut auf Kurs: Der Standard LTE MTC kommt 2016 gerade noch recht für die Machine-to-Machine-Kommunikation einer vernetzen Welt. Felix Marchal sieht Machine Type Communication als Königsweg ins Internet der Dinge und sagt, was aktuelle LTE-Komponenten leisten sollten (Seite 16). Alarmierungssysteme in der vernetzten Fertigung geben ihre Störmeldungen heute auf mobilen Endgeräten aus, wie Jürgen H. Hoffmeister darlegt (Seite 18). Und dass LTE-A bereits mit SDH-Technologien für missionskritische Netzwerke gleichziehen kann, zeigt Klaus Pollak anhand von MPLS-TP (Seite 12) – ein Beispiel mehr, dass bald jeder Prozess in den Unternehmen ein paketbasiertes Ende findet. Die größte IP-Welle lässt aber die Telekom anrollen: Sie stellt nun auch die Anschlüsse der Geschäftskunden auf All-IP um; passend dazu erklärt Bernd Büttner ab Seite 10, wie Firmen ihre bestehenden ISDN-TK-Anlagen am vernünftigsten migrieren.

Dabei gehen die letzten Meter immer öfter durch die Luft. Und immer öfter sorgt zwischen Endgerät und Netzanschluss ein WiFi-Router für Anbindung, in Wohn- und Bürogebäuden ebenso wie in Werkshallen und auf öffentlichen Plätzen. Der jüngste Standard WLAN-11ac mit bis zu 1300 MBit/s ist bereits da, und auch die durchaus ehrgeizige Roadmap der Funktechnik steht ebenfalls: 7 GBit/s sollen künftige 8×8-MIMO-Geräte transportieren. Im Beitrag dazu (Seite 21) zeigt Dr. Harald Karcher außerdem, wie man den Nettospeed zwischen zwei Geräten realistisch kalkuliert. In zwei Extra-Beiträgen erklärt er schließlich noch, mit welchen technischen Mitteln – Kanalbündelung, Multi-User MIMO mit bis zu acht Antennen und bis zu acht Spatial Streams – 11ac für Tempo sorgt (Seite 23) und wie eine vernünftige Gesamtnetzplanung aussieht, damit die dahinter liegenden Kabel, PoE-Ports, Switches und WLAN-Controller diese durchsatzstarken Access Points auch verkraften (Seite 25).

Insgesamt sehen wir zwei gegenläufige Entwicklungen: Einerseits drängt alles in die IP-Netze – das liegt vor allem an der Maßgabe umfassender Vernetzung und schlicht daran, dass das Protokoll es kann. Es kann Sprache ebenso transportieren wie Bilder, Texte und „reine“ Information. Andererseits verläuft der Ausbau der Netze, die diesen verstärkten Traffic tragen müssen, keineswegs so „von selbst“. Das ist in Deutschland deutlich zu beobachten, wo die Telekom als Posttelefonerbin länger an ihren Kupferkabeln hängt als gesamtwirtschaftlich gut wäre. Es gilt aber generell: Die Investitionen von gestern sind die Hindernisse von morgen. Von daher wäre es gut, wenn neue Standards nicht nur rechtzeitig die Weichen stellen, sondern auch offen genug für vielfältige Player und Dienste bleiben.

Quelle: Kommunikation und Netze 2/2015 in iX 12/2015.

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Matomo